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Grüne Köpfe

Wenn Ende April die ersten Spargeln stossen, wird es Zeit, in der «Trotte» einen Tisch zu reservieren. Die Baurs, Jakob Baur in der Küche, seine Frau Rosanna die Gastgeberin in den holzgetäferten Stuben, sind für ihre Spargeln, ihren Schinken, ihren Wein und ihre gebrannten Wasser weitherum bekannt. Die Spargeln haben hier grüne Köpfe, weil die Baurs ihre Spargelfelder nicht mit Plastik bedecken wie viele andere Spargelbauern in der Nachbarschaft.

Wir sitzen in der Stube gleich links vom Eingang der Wirtschaft. Die Tische, an denen man nicht allzu eng sitzt, sind weiss eingedeckt, und gerne lässt man sich auf die Haus-Empfehlung ein: Trotte-Schümli (Fr. 9.50). Das bedeutet Schaumwein mit reichlich hausgemach-tem Holunderblütensirup – ein bisschen süss, selbst für die beiden Damen am Tisch. Doch der Hinweis aufs Hausbier hätte unsere Bestellung wahrscheinlich nicht beeinflusst. Eines, das schwarze Ale «O’Stout», schmeckt intensiv nach Malz, das andere, ein helles Vollbier «Kölsch-Style», ist hefebetont, obergärig und unfiltriert. Wir trinken zum Essen in der «Trotte» meist einen der selbstgekelterten Tropfen der Baurs, ob weiss oder rot; alle Weine werden auch offen ausgeschenkt und können «über die Gasse» gekauft werden. Wir empfehlen den in Barriques ausgebau- ten Cabernet Dorsa (Fr. 6.90/dl; Fr. 49.– die Flasche; Fr. 18.– im Über-die- Gasse-Verkauf).

Beim Bestellen der weissen Spargeln (Fr. 41.–) geht es nur darum, ob einem der Sinn mehr nach Sauce hollandaise steht, nach einer Mayonnaise oder nach heisser Butter und Parmesan (milanese). Beim Schinken stellen sich solche Fragen nicht: Da sollte zwingend nach Beinschinken wie nach Rohschinken verlangt werden, ebenso nach Kalbsschinken, den wir erstmals probiert haben (spitze!). Je eine Por- tion reicht bei uns selten.

Die Butter kommt heiss im kleinen Kupferpfännchen und bleibt das auch dank einem Kerzenrechaud, die Mayon- naise ist dicht und hausgemacht, die Hollandaise, der Saucenklassiker zu Spargeln, ist nicht zu cremig. Und die Spargeln? Zart, sehr zart, aber mit genügend Biss. Im Nu ist der Teller leer, und kaum spielt man mit dem Gedanken nach ein bisschen mehr, wird einem ein weiterer Teller gereicht, der zweite Service. Wird auch der leerge- putzt und abgeräumt, fragt die junge Bedienung, ob wir genügend Spargeln bekommen hätten, ob sie nochmals nachbestellen solle. Wir winken ab. Schliesslich wissen wir um die Dessert- auswahl: Meringues aus dem Holzofen mit viel Schlagrahm, auf Wunsch mit einer Kugel Glace zusätzlich. Diffizil ist hernach die Digestif-Wahl: Kirsch oder Williams? Quitten oder Mirabellen? Aprikosen oder Zwetschgen? Graven- steiner oder Brombeergeist?
Die Spargelsaison dauert übrigens bis Juni. Ab September (unregelmässige Öffnungszeiten) gibt es dann einheimeisches Wild.